Rohstoffe

Mehr Resilienz Am Anfang der Wertschöpfungskette

Die heimische Rohstoffversorgung gerät aufgrund von fehlenden Genehmigungen und immer stärkeren Auflagen aus Brüssel zunehmend unter Druck. Dabei braucht Deutschland gerade in Zeiten von Transformation und Wohnungsmangel ein klares Bekenntnis zur Gewinnung heimischer Rohstoffe.

Das LNG-Beschleunigungsgesetz hat bewiesen, dass die Bundesregierung – sofern der politische Wille da ist – schnell und entschlossen handeln kann. Dieselbe Dynamik braucht die Baustoff-Steine-Erden-Industrie nun für die Rohstoffgewinnung. Schnelle und effiziente Planungs- und Genehmigungsverfahren könnten dann zu einem echten Standortvorteil für Deutschland werden. Dazu gehören Rechtssicherheit, moderne Bürgerbeteiligung und die Digitalisierung der Abläufe. Aber auch das Gutachterwesen, die Einhaltung von Fristen und die Präklusion können zur Beschleunigung der Verfahren beitragen. Insbesondere nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gab es eine günstige Chance, um neben der Prüfung der internationalen Lieferketten hinsichtlich der Versorgung mit kritischen Rohstoffen, auch die heimische Rohstoffversorgung für die kommenden Jahrzehnte resilient aufzustellen. Leider haben Europäische Union und Bundesregierung dieses Momentum nicht genutzt. Für die im Koalitionsvertrag angekündigte Rohstoffstrategie gibt es bisher nur ein Eckpunktepapier, welches die heimische Rohstoffversorgung nicht ausreichend behandelt.

„Ohne mineralische Rohstoffe ist eine erfolgreiche Transformation nicht möglich.“
Dr. Thomas Pütter, Vorsitzender des bbs-Rohstoffausschuss
Ansprechpartner
Wolf Müller, Geschäftsführer Recht
w.mueller@bvbaustoffe.de

Dabei ist der Handlungsbedarf groß. In der Praxis verlangsamen raumordnungsrechtliche Überplanungen von standortgebundenen Rohstoffvorkommen und zunehmende Flächenkonkurrenzen nicht nur Genehmigungsverfahren, sondern machen sie teilweise unmöglich. Soil Monitoring Law und Nature Restoration Law aus Brüssel drohen die Gewinnung noch weiter zu erschweren. Dabei müssen heimische Rohstoffe langfristig und bedarfsunabhängig gesichert werden. Andernfalls drohen Knappheiten und damit Verzögerungen die dringend benötigten Projekte im Hoch- und Tiefbau.

Bei der ebenfalls im Koalitionsvertrag angestrebten Modernisierung des Bundesberggesetzes ist sicherzustellen, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Versorgung mit heimischen Rohstoffen nicht verschlechtert, sondern das Gesetz insbesondere im Hinblick auf Geschwindigkeit von Genehmigungsverfahren optimiert wird. Dabei ist der Gesetzeszweck - die Sicherung der Rohstoffversorgung unter Berücksichtigung der Standortgebundenheit und des Lagerstättenschutzes – zu beachten. 

Rohstoffgewinnung und circular economy hand in hand

Aktuell liegt der Bedarf an mineralischen Primärrohstoffen aus der Steine-Erden-Industrie in Deutschland bei rund 560 Mio. Tonnen jährlich. Hinzukommen rund 75 Mio. t Recycling-Baustoffe aus mineralischen Bauabfällen sowie rund 25 Mio. t industrielle Nebenprodukte (insbesondere Aschen und Schlacken). Damit werden über 15 Prozent des Rohstoffbedarfs durch Sekundärmaterialien gedeckt.  

Aktuelle Diskussionen sowie Entwicklungen zum Thema Circular Economy zielen darauf ab, zukünftig mehr mineralische Bauabfälle und weitere Sekundärstoffe einzusetzen, um Primärrohstoffe stärker als bisher zu schonen. Daher gilt es, in den kommenden Jahren ambitioniert regulatorische, technische und wirtschaftliche Barrieren für den Einsatz von Recyclingbaustoffen abzubauen. Anstrengungen für eine Primärrohstoffgewinnung und Circular Economy müssen in einer nachhaltigen, zweigleisigen Rohstoffstrategie Hand in Hand gehen.   

Gleichzeitig geht es darum, die Potenziale für den Bausektor realistisch einzuordnen. Erstens können nicht alle mineralischen Bauabfälle zu Recycling-Baustoffen aufbereitet werden, um primäre Rohstoffe zu ersetzen und zweitens geht der Trend im Bausektor eher in Richtung Bauwerkserhalt, so dass zukünftig weniger Recycling-Baustoffe aus dem Rückbau von Bauwerken zu erwarten sind. Zudem wird die Energiewende dazu führen, dass das Aufkommen an industriellen Nebenprodukten abnehmen wird. So wird der Anfall von Flugaschen aus der Verbrennung fossiler Energierohstoffe ebenso zurückgehen wie der Anfall von REA-Gips aus der Rauchgasentschwefelung.

Daraus folgt, dass der Einsatz von Primärrohstoffen zukünftig aus ökonomischen, ökologischen und nicht zuletzt physikalischen Gründen im Interesse des Industriestandortes Deutschlands bleibt. Es muss zudem berücksichtigt werden, dass die Wiederverwertbarkeit von Bauprodukten regulativ eingeschränkt ist, weil es sich oftmals um Verbundbaustoffe handelt, bei denen eine Trennung der Rohstoffe nur sehr bedingt und wenn dann nur energetisch aufwendig möglich ist. Die Vorstellung, durch Urban Mining in Zukunft gänzlich auf Primärrohstoffe verzichten zu können, ist angesichts des hohen Bau- und Modernisierungsbedarfs auf absehbare Zeit unrealistisch. Deutschland braucht vielmehr ein klares Bekenntnis zur Gewinnung heimischer Rohstoffe. Ebenso bedeutsam wie die Sicherung mineralischer Baurohstoffe ist die Versorgung der Industrie mit heimischen Industriemineralen. Diese Rohstoffe sind unentbehrlich für national bedeutsame Wertschöpfungsketten wie Automobil- und Anlagenbau, Glasproduktion, Keramik, Gießerei, Papier- und chemische Industrie.

— Veröffentlicht im Juni 2024  | FOTO: HEIDELBERG MATERIALS / STEFFEN Höft

Links

  Positionspapier: Heimische Rohstoffe bleiben unverzichtbar
  bbs-Rohstoffstudie, 2022
  EY-Studie: Genehmigungsverfahren zum Rohstoffabbau in Deutschland

Botschaften

Keine Bau-, Energie-, und Verkehrswende ohne heimische Rohstoffsicherung

Rohstoffknappheiten vermeiden, Gewinnungsflächen ausweisen

‒ Planungs- und Genehmigungsverfahren effizienter gestalten
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